Fahrt in die Freiheit

Häftlingsfreikauf in der DDR

Eine Themenseite im BEKU-Bildarchiv

Die teilweise eingeschränkte Bildqualität bitten wir im Interesse der Dokumentation zu entschuldigen

Es war ein gut gehütetes Staatsgeheimnis, über das sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik absolutes Stillschweigen herrschte. Die DDR entließ Häftlinge gegen Devisen aus dem Gefängnis und sie konnten in die Bundesrepublik ausreisen. Diese heiklen Transporte, die im Jahre 1962 mit der Eisenbahn begannen und im Herbst 1989 endeten, wurden damals von der Firma Reichert aus Schöneck in der Nähe von Frankfurt durchgeführt und gingen direkt in die Aufnahmestelle Giessen. Ansonsten war Reichert in der Arbeiterbeförderung verschiedener Betriebe (z.B. Neckermann, Adlerwerke) und im Auftragsverkehr tätig (z.B. Bundesbahn).

Die Häftlingsfreikäufe,  waren für die notorisch klamme DDR ein sehr gutes Geschäft. So wurden von der Bundesrepublik anfangs im Durchschnitt 40 000 DM bezahlt. Zum Ende waren es dann stolze 90 000 DM. Wenn ein Bus komplett besetzt war, stand also eine Summe von 4,5 Mio DM im Raume. Insgesamt wurden 33 750 Häftlinge freigekauft.

Speziell für diesen Zweck hielt Reichert einige Fahrzeuge vor, welche über eine technische Einrichtung verfügte, die eher an einen James Bond Film erinnerte, als an einen normalen Reisedienst. Die Amtlichen Kennzeichen waren drehbar. Bei normalem Einsatz im Bundesgebiet waren es die üblichen hier bekannten DIN Schilder. Jedoch bei Überfahrt der Zonengrenze konnte der Fahrer über einen Schalter die Schilder drehen und es waren nun DDR Schilder zu sehen. Außerdem hatten die entsprechenden Busse rund um die Aufschriften Noppen, an denen Abdeckungen angebracht werden konnten, sodass bei der Durchfahrt der DDR, die von der Stasi begleitet wurde,  keine der Aufschriften lesbar war.

Der interessierte Omnibusfotograf hatte sich schon gewundert, denn die Unterschiede zu den anderen Fahrzeugen der Firma Reichert waren gut erkennbar. Die Kennzeichen, die immer eine sehr kurze Kombination und Schild hatten, waren merkwürdig vertieft bei den M 2000, dem Setra und dem O 303 in die Stoßstangen eingebaut. Auch die Noppen für die Abdeckungen waren gut sichtbar. Man nahm es zur Kenntnis ohne weitere Gedanken.

Hier nun alle bekannten Fahrzeuge, die für diesen Zweck vorgehalten wurden:

Wagen 71, HU - M 7, Magirus Deutz 230 R 120, Wagen 72, HU - X 3, Magirus Deutz 230 TR 120, Wagen 101, HU - Y 9, Magirus Deutz M 2000, Wagen 102, HU - U 2, Magirus Deutz M 2000, Wagen 115, HU - RR 6, Setra S 215 HD, Wagen 119, HU - TW 2, Mercedes O 303 - 15 RHS

In den Titelbildern ist vorne Wagen 72 und hinten Wagen 71, es sind die DDR Zulassungen eingestellt

 

Der Wagen 71, Aufnahme vom 11.06.1983.

 

Der Wagen 72, hier am Frankfurter Waldstadion am 01.06.1985.

Der Wagen 101, hier in Frankfurt in Fechenheim an der Hugo Junkers Straße/ Adam Opel Straße am 29.06.1984.
 

Der Wagen 102 am 14.04.1984. Gut erkennbar ist die vertiefte Einbaulage de Kennzeichens.

Hier sieht man den Wagen 102 am 03.09.1981 mit abgedeckten Aufschriften. Offensichtlich stand gerade eine Zonenfahrt bevor.

 

Wagen 115 am Freiheitsplatz in Hanau am 21.04.1987. Auch hier abgedeckte Aufschriften. Wahrscheinlich hatte der Wagen gerade eine Zonentour hinter sich.

Im normalem Erscheinungsbild in Rüdesheim auf dem Busparkplatz an der Rheinhalle am 26.10.1986.

 
Der Wagen 119 am Frankfurter Flughafen am 17.06.1990. Zu dieser Zeit waren die Fahrten in die DDR bereits Vergangenheit.

Seite wurde erstellt im Dezember 2024

© BEKU-BILDARCHIV 03/2008